BACHdimensional – [the electronic art of fugue]

Das erste realisierte Liveprojekt von Klangspiegel widmet sich Johann Sebastian Bachs »Kunst der Fuge«, seinem letzten unvollendet gebliebenen Werk.

Seit seiner Entstehung um 1750 ist diese Sammlung aus 16 Fugen und 4 Kanons in Mythen eingesponnen: Für tönende Mathematik gehalten fristete es ein verstaubtes Dasein. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand das Werk zum einen interpretiert auf Klavier und Orgel zum anderen arrangiert für verschiedene Ensembles vereinzelt den Weg in Konzertsaal und Kirchenraum.

[the electronic art of fugue]
ist eine Neuinstrumentation für elektronische Klänge abstrakter und konkreter Art, welche dieses Werk zu einem ganz neuen Leben erweckt. Die Übersetzung in die zeitgenössische Klangwelt dient hierbei der Verdeutlichung der kompositorischen Struktur, der Darstellung des komplexen mehrstimmigen Gefüges durch die Verwendung signifikanter Klangfarben. Zum ersten Mal in der Aufführungsgeschichte wird hierbei eine vierkanalige Raumklangprojektion der einzelnen Stimmen konsequent umgesetzt. Die Lichinstallation und der Tanz erweitern dieses raum-zeitliche Erleben.

 

Zitate zur Art und Weise der Neugestaltung

»Ich würde gerne versuchen,… eine Aufnahme zu machen …, in Quadrophonie, mit einem Lautsprecher in jeder Ecke …; es wäre eine völlig irreale Darbietung, die sich in keiner Weise mit einer Podiumsaufführung vergleichen ließe. Man wäre im Zentrum des Problems sozusagen, und ich denke, es wäre … der Weg, den Interpretationsexperimente mit Werken von Bach weitergehen müssen. Man muss versuchen, den Hörer ins Zentrum des Problems zu bringen. … Ich bin sicher, das würde nicht allein das gesamte Bach-Verständnis verändern, sondern auch unsere Vorstellung vom Barock und von dem, was diese ganze unglaublich komplizierte barocke Kontrapunktik wirklich bedeutete.«
(Glenn Gould, The Well-Tempered Listener, CBC 17.2.1970)

»… so unterliegt es denn doch keinem Zweifel, dass das ungeheuere polyphone Leben vieler Stücke sich klanglich nur dann erschließt, wenn jede Stimme auch wirklich belebt werden kann, abgesehen davon, dass ein Werk von diesen gewaltigen Ausmaßen zum Tode verurteilt ist, wenn es als Ganzes lediglich von Orgel oder Klavier zum Vortrag käme …«
(Alfred Heuß, Bachs »Kunst der Fuge«, Programmheft zur Leipziger Aufführung von 1927, S. 5)

»1. soll eine farbige Instrumentierung dem Hörer die Apperzeption von 14 Fugen und 4 Canons kurzweilig erscheinen lassen,
2. soll ein spontanes analytisches Verständnis erzielt werden,
3. soll die stilistisch (historisch) über den Zeiten stehende Beschaffenheit dieser Musik deutlich werden.«
(Heribert Breuer, Zur Instrumentation der Kunst der Fuge, 1975)

»Im Lichte dieser Möglichkeiten gewinnt die vielberufene ›Abstraktheit‹ des Musikalischen Opfers und der Kunst der Fuge als der Werke, in denen die Wahl der Instrumente offenbleibt, einen neuen Horizont. Denkbar, dass in ihnen der Widerspruch von Musik und Klangmaterial – zumal die Unangemessenheit des Orgelklanges überhaupt an die unendlich gegliederte Struktur – damals schon durchschlug. Dann hätte Bach den Klang ausgespart und seinen reifsten Instrumentalwerke wartend auf den Klang, der ihnen selber gliche, hinterlassen. Bei diesen Stücken kann es am letzten sein Bewenden damit haben, dass kompositionsfremde Philologen die Stimmen ausschreiben und durchlaufenden Instrumenten oder Gruppen anvertrauen. Gefordert wäre, sie umzudenken für ein Orchester, das weder schmückt noch spart, sondern als Moment der integralen Komposition fungiert.«
(Theodor W. Adorno, Bach gegen seine Liebhaber verteidigt, in: Prismen, Kulturkritik und Gesellschaft, o.O. 1955, S. 178)

»Bei einer elektronischen Aufnahme … [könnten] die vier Stimmen, die verschiedenen Stimmen … in verschiedenen Klangfarben dargestellt werden, die wohlgemerkt keinerlei Ähnlichkeit mit Instrumenten haben sollten, so dass hier wirklich die Möglichkeit – und zwar meiner Meinung nach legitim die Möglichkeit – gegeben wäre, das Werk in keinerlei Tradition zu hören, sondern tatsächlich das System der Partitur.«
(Wolfgang Hildesheimer, Die Kunst der Fuge oder Bach aktuell, HR 26.5.1973)

 

Titel der einzelnen Teile

spaces of statues …
1. … the mystical
2. … the substantial
3. … the mirrored
4. … the serenely
spaces of fluctuation …
5. … the emerging
6. … the mechanical
7. … the ordered
spaces of figures …
8. … the meandering
9. … the skipping
10. … the striding
11. … the touching
spaces of mirrors and grades …
12. … the symmetrical mirrors (regular)
13. … the crossed mirrors (regular)
14. … the increasing grades
15. … the periodical ascending grades
16. … the escalating grades
17. … the erratic grades
18. … the crossed mirrors (inverted)
19. … the symmetrical mirrors (inverted)
space of recumbent motion and decomposition

 

Titel [the electronic art of fugue] – »Kunst der Fuge« (Synopsis)

spaces of statues …
-
Gruppe der einfachen Fugen
1. … the mystical
-
Contrapunctus 1
2. … the substantial
-
Contrapunctus 2
3. … the mirrored
-
Contrapunctus 3
4. … the serenely
-
Contrapunctus 4
spaces of fluctuation …
-
Gruppe der Spiegelfugen
5. … the emerging
-
Contrapunctus 5
6. … the mechanical
-
Contrapunctus 6
7. … the ordered
-
Contrapunctus 7
spaces of figures …
-
Gruppe der mehrthemigen Fugen
8. … the meandering
-
Contrapunctus 8
9. … the skipping
-
Contrapunctus 9
10. … the striding
-
Contrapunctus 10
11. … the touching
-
Contrapunctus 11
spaces of mirrors and grades …
-
Gruppe der Spiegelfugen und Kanons
12. … the symmetrical mirrors (regular)
-
Contrapunctus 12 (rectus)
13. … the crossed mirrors (regular)
-
Contrapunctus 13 (rectus)
14. … the increasing grades
-
Augmentationskanon
15. … the periodical ascending grades
-
Oktavkanon
16. … the escalating grades
-
Dezimkanon
17. … the erratic grades
-
Duodezimkanon
18. … the crossed mirrors (inverted)
-
Contrapunctus 13 (inversus)
19. … the symmetrical mirrors (inverted)
-
Contrapunctus 12 (inversus)
20. space of recumbent motion and decomposition
-
Fuga a tre sogetti