[the electronic art of fugue] 2005 (Würzburg) – Programmheft

Würzburger 37. Bachtage 19. – 29. November 2005
Sonntag, 27. November 2005, 20.00 Uhr, St. Johanniskirche

Tanz: NanaTanzEnsemble und Sara Schmid
Choreographie: Lisa Kuttner und Christiana Wagner-Schneider

Licht: Andreas Zöllner

[the electronic art of fugue] – Programmheft


Zur Kunst der Fuge in der Multimedia-Fassung

Die Kunst der Fuge gilt allen Kennern als der Gipfelpunkt barocker Kompositionskunst. Nirgendwo hat sich Bach tiefer mit den Geheimnissen der Polyphonie und des strengen vierstimmigen Satzes befasst als hier, und dass er die letzte Fuge nicht vollenden konnte, umgibt das Werk mit einer Aura letzten Geheimnisses.

Für Zuhörer, die sich vielleicht nicht zu den Kennern zurechnen, kann Die Kunst der Fuge leicht als etwas schwierig zu verstehen, zu hören sein. Wer ist schon in der Lage, bei der Wiedergabe beispielsweise auf dem Cembalo wirklich das so kunstvolle Geflecht der vier Stimmen zu erkennen?

Nach einem ersten erfolgreichen Versuch beim Bachfest 1985 in der Wiedergabe mit vier Synthesizern – mit nur vier Stücken der insgesamt 14 Kompositionen – wollen wir nun in einer sehr aufwändigen Produktion zeigen, dass auch höchst moderne Instrumente sich mehr als dienlich in den Dienst der Musik Bachs stellen lassen.

Prof. Dr. Joachim Stange-Elbe hat die gesamte Kunst der Fuge zuerst als vier getrennte Stimmen in den Computer geschrieben. Das Ergebnis sieht der Partitur täuschend ähnlich – allerdings ist diese Partitur in der Lage, sich in klingende Musik zu verwandeln.

Man kann diese vier Stimmen nun „ganz normal“ mit einem Klavierklang wiedergeben, man kann aber auch – und das war unser Anliegen – jeden dieser vier Stimmen einen eigenen Klang zur Seite geben, so dass nun die vier Stimmen der Partitur „instrumentiert“ erklingen. Zwar ist der Synthesizer heute in der Lage, viele Instrumentalklänge täuschend ähnlich  wiederzugeben, doch das schien uns nicht so interessant. Echte Instrumente „können das dann doch besser“.

Wir haben uns für die nicht alltäglichen Klänge entschieden, die die Trennschärfe beim Zuhören unterstützen und – ist das ein Sakrileg beim letzten Werk Bachs? – einfach auch Spaß beim Zuhören machen. Eine ganz neue Lichttechnik mit sogenannten „Moving Lights“ – programmiert und live gesteuert von Andi Zöllner unterstützt das Hörerlebnis, weitet es zu einem ganzheitlichen Kunstgenuss.

Bei sieben der 14 „Kontrapuncti“, wie Bach seine Fugen nannte, werden Tänzerinnen in einer assoziativ freien Choreographie die gehörte Musik in Bewegung umsetzen.

Auch wenn Bach über dem letzten unvollendet gebliebenen Kontrapunkt verstorben ist, so ist seine Kunst der Fuge doch ein Ort heiterster Kunst in höchster Vollendung. Und wenn auch das ganze Werk im schicksalsträchtigen d-moll (Mozarts Requiem, Beethovens IX. Symphonie) steht, so ist es schon unser wichtigstes Anliegen, dass jeder Hörer „ergetzet und im gemüth recreieret“ nach Hause geht. Und da sehen wir uns einig mit Bach, der das von jeder gottgefälligen Musik erwartet hat.