Trautonium live – Jeanne d’arc

(Oskar Sala, Gespräch vom 1. September 1989)

Vom Rundfunk-Trautonium blieben nach dem 2. Weltkrieg nur die Manuale, die Bedienungselemente und das Gehäuse übrig. Aus diesen vorhandenen Resten konstruierte Oskar Sala zwischen 1949 und 1952 das Mixtur-Trautonium.

Der Erfolg dieses Freiluft-Konzerts ((Das Konzert in der Berliner Waldbühne.)) war, dass ich von Telefunken einige Großlautsprecher für meine Konzertveranstaltungen bekommen habe. Damit bin ich dann nach dem Krieg losgezogen. Und das war dann der ganze Triumph bei Jeanne d’arc ((Das bekannteste szenische Oratorium von Arthur Honegger, 1892-1955, entstanden 1935/1950.)), bei Parsifal ((Die Realisation der Parsifalglocken bei den Bayreuther Festspielen sowie Aufführungen in München und Neapel.)) und bei den vielen Schauspielmusiken ((Dies waren die musikalische Ausgestaltung von Paul Dessau zu den Schauspielen Faust I, Der Sturm, Oedipus und Wilhelm Tell.)).

Welche Leistung hatten denn diese Lautsprecher?

Ja, wie viel Watt hatten die…, ich habe sie noch nicht weggegeben, die stehen jetzt noch hier im Studio, die Kiste hat ungefähr 100 Kilo. Die Lautsprecher hatten einen ungefähren Durchmesser von 50 bis 60 Zentimeter, ich denke 150 Watt hatte die einen und  75 Watt die anderen, die waren nur halb so groß. Mit denen konnte ich loslegen, da habe ich alles in Grund und Boden donnern können.

Bei der Jeanne d’arc war er der Höllenhund, der hat die ganzen Oberen in Angst und Schrecken versetzt; aber Heger ((Robert Heger, 1886,1978, Dirigent, Komponist und Hochschullehrer.)) wollte das so, wenn ich da aufgedreht hatte. Der Witz ist ja, dass Honegger diese Partie für Ondes Martenot geschrieben hatte, was auf dem Martenot aber gar nicht zu spielen ist. Ich habe jetzt wieder jemanden gesprochen und gefragt, wie er denn das macht. Ich habe einmal in Hamburg zusammen mit Paul Sacher eine Jeanne d’arc gemacht, mit. Trautonium. Als die schöne Stelle mit dem Höllenhund kam legte ich nun los und es war Fassungslosigkeit. »Ja, was ist denn los?« Ich sagte »Ja so machen wir das«. – »Ja… und der Hund?« – »Na ja«, sage ich, »das ist doch der Hund«. – »Ja… und das Hundeheulen?« – »Ja was für ein Hundeheulen?« frage ich. »Da ist doch immer so ein i iii i iii«. – Sacher meinte damit das Vibrato. Sage ich: »Wo steht denn das? In meiner Partitur nicht. In meiner Stimme auch nicht«. – »Aber, das haben die so gemacht die Martenots.« – »Ja, wo soll ich das her wissen, wie die das machen? In meiner Originalstimme, da steht der Höllenhund, hoooiii (Glissando von unten nach oben), fortissimo«. – Großer Schreck. »Na ja«, sage ich, »wir können es ja leiser machen, der Rundfunk kann es sowieso nicht vertragen«. Das ist ein ziemlich überheult. So haben wir es dann auch gemacht. Und da habe ich jetzt natürlich meinen Martenot-Fritzen gefragt, wer Ihnen denn da mit dem Vibrato vorgeschlagen hatte. Da sie ohnehin nicht durchkommen, weil das Orchester forte spielt, wurde der Höllenhund mit Vibrato quasi nachgeliefert. Sicher, es war eine glänzende Idee von Honegger, nur mit Martenot geht das nicht. Und da haben sie in ihrer Not – er hat mir das einmal vorgeführt – solche Glissandi gemacht. Das hätte ich genauso gut machen können; aber wenn da nichts in der Partitur steht, wie käme ich denn dazu… Und Heger wußte auch nichts davon als er sagte, jetzt machen Sie mal den Höllenhund, können Sie fortissimo? Ich erwiderte, wollen wir mal probieren, und dann haben wir das ausgearbeitet. Das war ein toller Effekt und natürlich auch ein toller Erfolg. Gerade nach dem Krieg, wo das an eine Luftschutzsirene erinnerte.

Es gab ja noch viele andere schöne Effekte in Jeanne d’arc, die mit dem Trautonium also wirklich fabelhaft kamen. Ich mich fragte mich dann immer, wie das mit Martenot gehen soll? Aber für Martenot war es eben geschrieben. Ich meine, solche Geschichten sind schon sonderbar.