Friedrich Trautweins Weg

(Oskar Sala, Gespräch vom 1. September 1989)

Nun hat sich Trautwein nach dem Zweiten Weltkrieg durch seine Tätigkeit in Düsseldorf auch mit den Einrichtungen des Kölner Elektronischen Studios beschäftigt. Hat er eigentlich mit Ihnen noch Kontakt gehabt in dieser Zeit, hat er sich für Ihre Arbeiten interessiert oder war er ganz den Kölnern verfallen?

Nein, den Kölnern verfallen war er nicht. Das war so: Die wollten irgendetwas von ihm haben, das sie mit einbeziehen können. Darum wurde er gebeten, für ein Trautonium oder so etwas in der Art einen Vorschlag zu machen. Er hat dann eine Konstruktionszeichnung gemacht und eine Schaltzeichnung, aber sie haben ihn dann ausgebootet. Er hat gar nichts mehr geschaltet, das haben die im Kölner Studio dann gemacht.

Er hat also nicht dieses Monochord gebaut?

Nein, er hat es nicht selber gebaut, die haben es dort gebaut. Er hat nur die Schaltungen geliefert. Wie viele Schaltungen das waren oder ob die dort noch etwas geändert haben, das weiß ich nicht genau. Jedenfalls war er als Konstrukteur dann gar nicht mehr tätig, wobei ich allerdings sagen muss, dass ich auch gar nicht genau weiß, wie er es nun hätte konstruieren sollen, denn in der Tonmeisterschule ((Die Abteilung Tonmeisterausbildung am Düsseldorfer Konservatorium der heutigen Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf.)) war vielleicht nicht der richtige Konstruktionsort.

Jedenfalls haben die das dann gemacht und was dabei herausgekommen ist – na ja, ich habe mir das angesehen, er hat da wieder eine neue Idee gehabt mit dem Manual und der Walze – das war eine vertane Chance. Trotzdem haben sie eine große Veranstaltung gemacht und haben mich gebeten, ein paar Sachen zu schicken. Nun war ich mit Trautwein damals nicht so ganz d’accord, weil er wohl ahnte , dass es bei mit etwas Neues gab und wir patentrechtliche Differenzen hatten. Jedenfalls habe ich zugesagt, als aber Trautwein nicht wollte blieb ich in Berlin.

Ich habe dann hier in Berlin ein Stück komponiert ((Hierbei muss es sich um die Komposition Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, dass kein Gott sei handeln.)), über das sich der Meyer-Eppler ((Werner Meyer-Eppler, 1913-1960, war Physiker, Informationstheoretiker, Kommunikationsforscher, Phonetiker und Wegbereiter der elektronischen Musik. Er war ab 1957 Professor für Phonetik und Kommunikationsforschung an der Universität Bonn; bei den Darmstädter Ferienkursen für neue Musik hielt viele Vorträge über elektronische Klangerzeugung und elektronische Musik. Er gehörte zu den Mitbegründern des ersten Studios für elektronische Musik des NWDR, mit dem er ein Gegengewicht zur vorhersehbaren Trivialisierung der elektronischen Mittel in der Musik setzen wollte.)) so erstaunt geäußert hat als es im NWDR gesendet wurde. Es entwickelte sich dann ein sehr nettes Verhältnis zu Meyer-Eppler, sehr nett; ein Jammer, dass der Mann so früh gestorben ist. Dadurch wurde auch das Verhältnis mit Trautwein wieder schnell normal, nachdem er merkte, dass ich da Patente bekam und auch schon hatte. Da war die Sache natürlich ausgestanden. Trautwein hat überhaupt seit dem Rundfunktrautonium keinerlei Konstruktionen mehr gemacht. Und er hat auch keine mehr machen können. Vor dem Rundfunktrautonium, an meinen ganzen Fehlversuchen, hat er sich schon gar nicht mehr beteiligt; er sagte, »was der da konstruiert, na lass ihm mal murksen«. Von diesem Instrument hat er gesagt, so groß können sie doch nicht bauen, sie müssen das viel kleiner machen, und da ich antwortete, dass ich auf Zukunft gebaut. habe Und seitdem sind alle Instrumente nur noch von mir gebaut worden, da hat sich Trautwein an der Konstruktion überhaupt nicht mehr beteiligt. Er hat noch bei der AEG ein Labor gehabt, da haben wir noch etwas probiert und dann wollte er noch etwas bauen, aber das ist natürlich bei Kriegsbeginn und in den schärferen Zeiten dann auch alles schief gegangen. Wie ich mein Konzerttrautonium baute, schwebte da irgend eine komische Sache mit: Dass da einmal ein Großlautsprecher oder so etwas ähnliches mit verbunden werden sollte …

… mit Großlautsprechern hat er ja viel experimentiert …

… jaja, durch diese Großlautsprecher-Geschichte war ja einmal eine herrliche Sache zustande gekommen, in der Dietrich-Eckart-Bühne damals – heute die Waldbühne in Berlin. Genzmer hatte ein schönes Stück für Blasorchester und Trautonium komponiert und ein Luftwaffen-Musikmeister, der sagte mache wir jetzt, wir spielen doch so symphonisch, jetzt machen sie uns ein Stück mit Trautonium, das kann doch so schön mit uns zusammen… Das haben wir dann in der UfA am Zoo uraufgeführt – ich weiß gar nicht mehr wie der Dirigent hieß, es war irgend jemand vom Funk. Das war natürlich glanzvoll schmetternd mit dem Trautonium, das war ein schönes Stück vom Genzmer. Leider gibt es – glaube ich – nicht mal eine Bandaufnahme. Und damit sind wir dann auf die Dietrich-Eckart-Bühne gezogen, die Luftwaffe unten und das Trautonium davor, dazu hat Telefunken Mordsdinger aufgestellt, solche Großlautsprecher, wer weiß wofür sie die konstruiert hatten…, und dann haben wir das gespielt und nachher waren die Herrn da oben ganz verwirrt, denn – wie sie sagten – »das Trautonium haben wir gehört, aber vom Blasorchester nichts«.

(Lachen)